Aluminium vs. Carbon: Welcher e-MTB Rahmen ist besser?

Eine Gegenüberstellung der Werkstoffe in 5 Runden

Die Frage nach dem “entweder…, oder…” zieht sich durchs Leben wie ein roter Faden. Klar, dass sich auch auf dem Gebiet der e-Mountainbikes verschiedene Lager bilden. Entweder Fully oder Hardtail? Entweder equipped und Pendler-tauglich oder non-equipped? 27,5” oder 29” Laufräder oder gar Mullet-Wheels? Heute gilt unser Blick der viel diskutierten Frage: Was ist das bessere Rahmenmaterial – Aluminium oder Carbon? Wir schicken beide Werkstoffe in den Boxring und lassen sie in fünf Runden gegeneinander antreten. Wer geht als Sieger des Materialchecks hervor?

Inhaltsverzeichnis

Voraussichtliche Lesedauer: 9 Minuten

Runde 1: Das Haltbarkeitsdatum des e-MTBs

Matsch, Wurzelpassagen, Treppenstufen, Schotter und vieles mehr – die Liste der Untergründe, die wir unseren Bikes im Laufe der Zeit zumuten, könnten wir ewig so fortführen. In Puncto Haltbarkeit gibt es einiges, worin sich Aluminium oder Carbonrahmen unterscheiden:


Rahmen aus Carbon eilt ein schlechter Ruf voraus. Mythen ranken sich um das Material, welches instabil sei und bereits nach einem leichten Sturz im Müll entsorgt werden könne. Hat man diese Gerüchte durchdrungen, landet man schnell bei den positiven Effekten von Carbonfasern. Da diese nur in Zugrichtung die gewünschte Stabilität bieten, werden sie bei der Produktion vorausschauend in Matten zusammengelegt, wodurch sie in alle Richtungen Festigkeit gewährleisten. 

Plötzliche “Spontan-Brüche” des Rahmens sind zwar nicht alltäglich, ein Umdenken mit Rahmen dieser Art ist dennoch erforderlich, denn Carbon verzeiht nicht so schnell wie Aluminium: Wird das Bike beispielsweise zu eng eingespannt oder werden Schrauben falsch angezogen, neigt Carbon zum Brechen. Ein Bruch ist zumeist Resultat eines harten Sturzes und kündigt sich nicht selten akustisch an. Äußerlich sieht man diesen nicht unbedingt, da die Faserrisse vor allem im Inneren entstehen. Eine kurze Sichtkontrolle nach jeder Fahrt kann hier dennoch nicht schaden. 

Im Gegensatz zu Carbon verbiegt sich ein Aluminium-Rahmen, sodass kleinere Wunden leichter ausgebessert werden können. Das Metall ist daher tendenziell ein gutmütiger, nicht so druckempfindlicher Werkstoff. Die konifizierten Rohre werden im sogenannten Hydroformingverfahren hergestellt. Das “in Form pressen” unter Öldruck ermöglicht in der Mitte dünnere Wandstärken als an den Enden der Rohre, weshalb Alubikes für auftretende Belastungen bestens gewappnet sind. Anschließend werden die Rohre miteinander verschweißt. Da es sich hierbei um ein Metall handelt, müssen Rahmen aus Aluminium jedoch vor Korrosion geschützt werden, um die Haltbarkeit aufrechtzuerhalten. Pfützen, Salze im Schnee und Kondensation können hier ohne richtige Pflege zum Verhängnis werden.

➡️ Carbonfasern reißen und brechen, während Aluminium sich verbiegt. Die Stabilität hängt häufig von der Qualität der Verarbeitung ab

➡️ Aluminium verzeiht im täglichen Umgang kleinere Fehler, ist jedoch anfällig für Korrosion

Runde 2: Das Gewicht des e-Mountainbikes

Gewichtseinsparungen sind vor allem beim sportlichen e-Mountainbike zu einem erstrebenswerten Ziel geworden. Rein faktisch ist Carbon leichter als Aluminium. Nicht umsonst setzt beispielsweise der Hersteller Specialized bei seiner Turbo Levo SL Reihe auf diesen Werkstoff, um dem „Super Light“ im Namen auch gerecht zu werden. Nichtsdestotrotz kommt es hier auf die Verarbeitung und das Können der Hersteller an. Ein hochwertiger Rahmen aus Alu kann manchmal sogar leichter sein als ein günstiger und schlecht verarbeiteter Rahmen aus Carbon. 

Sabatino hält das Turbo Levo SL in die Luft

Vor allem Uphill kann ein leichtes Bike von Vorteil sein, da es weniger Reibung generiert und die Erdanziehung einem nicht zu sehr in die Quere kommt. Downhill können Mountainbiker jedoch ein wenig mehr Gewicht am Bike vertragen, da Stabilität hier vor größtmöglichen Gewichtseinsparungen steht. 

Carbon lässt sich in zahlreichen Formen und mit angepassten Wandstärken gestalten. Hersteller profitieren daher von der Beeinflussbarkeit: Weniger Material, wo es leichter sein darf – mehr Material, wenn große Belastung einwirkt. 

Auch bei Aluminium kann dank der Konifizierung der Rohre etwas Gewicht eingespart werden, Carbon hat hier jedoch die Nase vorne.

➡️ Carbon ist leichter als Aluminium, was für bestimmte Einsatzzwecke von Vorteil ist.

Runde 3: Die Optik des e-Mountainbikes

Optik ist natürlich immer noch Geschmackssache. Es ist jedoch nicht von der Hand zu weisen, dass die leichte Formbarkeit von Carbonfasern das Umsetzen besonders ausgefallener Rahmenformen erleichtert. Ein weiterer optischer Vorteil? Wo die Rohre des Aluminiumbikes zusammengeschweißt werden müssen, entsteht der Carbonrahmen häufig in Monocoque-Bauweise. Aus dieser gehen keine Schweißnähte hervor, da die Fasermatten ausgebacken werden. Dies sorgt für einen einheitlichen und wertigen Look. Dennoch nähern sich beide Rahmenvarianten optisch immer näher aneinander an, sodass die Unterschiede vor allem für Laien nicht mehr ersichtlich sind. 

➡️ Optisch ist vor allem für Laien kaum ein Unterschied zwischen Aluminium- und Carbonrahmen erkennbar. Carbon erlaubt besonders kreative Rahmenkonstruktionen.

Runde 4: Das Fahrgefühl auf dem e-Mountainbike

So wie Haltbarkeit und Gewicht eines Rahmens, ist auch das Fahrgefühl nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Was wir bis hierhin gelernt haben? Carbon besitzt deutlich mehr Steifigkeit. Das bedeutet? Ein Carbonrad lässt sich dynamisch fahren, da es zügig auf Tritt- und Lenkbewegungen reagiert. Wer auf Reaktionsfreudigkeit und Agilität setzt, wird hier nicht enttäuscht. Die durchaus auftretende Bockigkeit eines wenig verzeihenden, steifen Rahmens kann produktionsseitig durch geschicktes Verlegen der Carbonmatten beeinflusst werden, wodurch beispielsweise eine fehlende Federung am Heck mittels flexiblem Sitzrohr etwas ausgeglichen werden kann.

Auch Alu-Hardtails können unter Umständen an Komfort einbüßen. Dennoch erscheinen Rahmen aus Aluminium in der Fahrpraxis etwas gutmütiger als die besonders steifen Carbonrahmen. Die richtige Balance zwischen Flexibilität und Steifigkeit kann jedoch sowohl bei Carbon als auch bei Aluminium e-Bike gegeben sein und hängt wie so oft vom eigenen Geschmack ab. 

Der Belchenradler auf dem Focus Jarifa²

Runde 5: Eine Frage des Preises

Rahmen aus Aluminium sind in der Herstellung günstiger, was sich natürlich auch im Verkaufspreis des jeweiligen Bikes bemerkbar macht. Hat man zwei in der Ausstattung gleiche Modelle vor sich stehen, muss man für das Carbonrad etwas tiefer in den Geldbeutel greifen.

Das TRANCE X E+ 1 von Giant kommt mit ausgereiftem ALUXX SL Rahmen und 6011-Aluminiumlegierung und ist ab 5.999 € erhältlich. Das E-Power iLink 180 Factory von Corratec mit ultraleichtem Carbonrahmen bekommt ihr für einen Preis ab 11.099,00 €. Die Preisspanne nach oben ist natürlich offen. Neben der Ausstattung des Bikes spielt auch die Verarbeitung und Hochwertigkeit des Materials eine Rolle. Im Vergleich dazu zahlt man für das Specialized Turbo Levo Modell aus Aluminium einen Preis ab 5.599,00 €, wohingegen die Carbon Expert-Version (mit einer etwas anderen Ausstattung) ab 9.299,00 € zu haben ist.

Fazit – Aluminium oder Carbonrahmen besser fürs e-MTB?

Im Kampf um die Trophäe des besten Rahmenmaterials gibt es leider keinen eindeutigen Sieger – kein “besser oder schlechter”, einfach nur “anders”.

Carbon liefert eine überaus hohe Steifigkeit bei möglichst geringem Gewicht. Aluminium ist vor allem bei kleineren Fahr- und Handhabungsfehlern verzeihender und somit einsteigerfreundlicher, dafür etwas schwerer. 

Sicher ist jedoch, dass beide Werkstoffe unterschiedliche Fahrgefühle erzeugen. Welches ihr präferiert, bleibt euch natürlich selbst überlassen. Wer gezielt Ausschau nach Extremsituationen hält, sollte nicht unbedingt auf einen Carbonrahmen zurückgreifen. Für wen Agilität und Steifigkeit an erster Stelle steht, macht mit Carbon einen guten Zug.

Eine Probefahrt mit dem bevorzugten Bike kann immer Aufschluss darüber geben, welcher Rahmen zur eigenen Fahrweise passt. Besonders wichtig ist jedoch stets, dass Wert auf hochwertige Komponenten gelegt wird, denn sonst hat man nur für kurze Zeit Freude an seinem e-MTB.